Grünes Licht für europäisches Vergabewesen

Europäisches Parlament mit breiter Mehrheit für Neuregelung – Trinkwasser ausgenommen
Straßburg– Für die Beschaffung von Bauarbeiten, Waren oder Dienstleistungen sowie Abschlüsse von Konzessionen gibt es neue europäische Regeln. Das Europäische Parlament hat heute in Straßburg nach zweijähriger Vorarbeit mit breiter Mehrheit die neue europäische Ausschreibungsrichtlinie verabschiedet. Die öffentlichen Auftraggeber sollen einen größeren Spielraum erhalten, das für sie passendste Angebot auszuwählen.Das Kriterium des niedrigsten Preises wird es nicht mehr geben, zukünftig werden Aufträge nach dem Prinzip des wirtschaftlich günstigsten Angebots vergeben. Der Südtiroler Abgeordnete Herbert Dorfmann freut sich über den Konsens und glaubt, dass die neue Regelung neue Klarheit für das öffentliche Auftragswesen in Südtirol bringen wird.
Die neue Richtlinie im Überblick
Alle öffentlichen Aufträge, welche die Ausschreibungsschwelle von 5 Millionen Euro bei öffentlichen Bauarbeiten, 130.000 Euro für öffentliche Liefer- und Dienstleistungsaufträge und 750.000 Euro für soziale Dienstleistungen und andere Dienstleistungen übersteigen, müssen europaweit ausgeschrieben werden. Das war auch bisher so. Neu geregelt werden aber die Ausschreibungsprozedur und die Zuweisungskriterien.
„Die neue Richtlinie enthält eine Reihe von Punkten, die immer wieder in Südtirol gefordert worden sind. Dazu gehört die Aufteilung der Bauaufträge in Lose bzw. Gewerke. Der Auftraggeber entscheidet zukünftig, ob er einen Auftrag als Ganzes übergeben oder in Lose unterteilen will. Dieser Spielraum ist ein Vorteil für die kleinen und mittelständischen Handwerksbetriebe in unserem Land“, erklärt Dorfmann.
Die neue Richtlinie sieht auch vor, dass Subunternehmer direkt bezahlt werden können. Damit soll der Ausbeutung von kleinen Betrieben ein Riegel vorgeschoben werden. Vor allem aber sollte diese neue Regelung auch verhindern, dass im Falle eines Konkurses eines Auftragnehmers auch die Subunternehmer ins Straucheln geraten, weil sie nicht mehr bezahlt werden können. "Die jüngsten Konkursverfahren auch in unserem Land zeigen, wie wichtig es ist, Subunternehmer besser als bisher abzusichern", meint Herbert Dorfmann.
„Mir war es ein großes Anliegen, auch bei großen Ausschreibungen lokale Produkte und lokale Kreisläufe zu stärken. Wenn beispielsweise öffentliche Stellen Großeinkäufe von Lebensmitteln machen, muss es möglich sein, besser als bisher einheimische Produkte zu bevorzugen. Es ist mir nun gelungen Transportwege als Vergabekriterium in die Richtlinie einzubauen. Das ist ein wichtiger Schritt“, sagt Dorfmann.
Die neue Regelung soll den Verwaltungsaufwand für Anbieter reduzieren und den Zugang zu Ausschreibungen für kleinere Firmen vereinfachen. Es gelten strengere Regeln in Bezug auf "ungewöhnlich niedrige" Angebote. Damit soll Pfusch und Sozialdumping besser als bisher unterbunden werden. Zudem wird es einen europäischen Ausschreibungspass geben. Viele Ausschreibungsunterlagen können durch Eigenerklärungen ersetzt werden. Damit sollte es eigentlich gelingen, die überbordende Bürokratie einzudämmen.
Konzessionsvergabe: Trinkwasser ist ausgenommen
Konzessionen werden zukünftig europaweit ausgeschrieben, wenn deren Wert über 8 Millionen Euro liegt. Allerdings gilt dies nicht für laufende Konzessionen, sondern nur für alle jene, die ab In-Kraft-Treten der neuen Richtlinie zu vergeben sind. „Von der gesamten Vergabe ausgenommen sind die Trinkwasserkonzessionen. Das war und ist auch ein Wunsch vieler Südtiroler Bürger“, meint Herbert Dorfmann. Es ist auch gelungen, Konzessionen für Lifte und Pisten von der Richtlinie auszunehmen. "Das ist für die Entwicklung unserer Skigebiete wichtig. Es wäre absurd, wenn über eine europäische Ausschreibung ermittelt werden müsste, wer einen neuen Lift in einem Skigebiet bauen darf. Damit würden Liftgesellschaften zerstückelt und eine harmonische Entwicklung der Gebiete würde in Frage gestellt."
Die neue Richtlinie muss bis zum Jahr 2016 in nationales Recht umgesetzt sein. "Wir haben die Kompetenz, die europäische Richtlinie durch ein Landesgesetz zu übernehmen. Für unser Land eröffnet sich damit die Chance, wieder ein eigenes Ausschreibungsgesetz zu machen wie wir es bis vor einigen Jahren hatten. Deshalb sollte sich der neu gewählte Landtag sofort an die Arbeit machen und die Richtlinie übernehmen, bevor dies auf nationaler Ebene passiert. Damit kann sich Südtirol wieder ein Stück Eigenständigkeit vom Staat zurückholen", meint Herbert Dorfmann abschließend.
Straßburg am 15.01.2014 – 12.30 Uhr

Veröffentlicht am 16.01.2014
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