Verwundert und verärgert zeigt sich der Südtiroler Europaparlamentarier Herbert Dorfmann angesichts der Klage vor dem Europäischen Gerichtshof, die die italienische Regierung gegen die auf Nordtiroler Seite geltenden Lkw-Verkehrseinschränkungen auf der Brennerautobahn einreichen will. „Diese Klage richtet sich nicht nur gegen die Bevölkerung an der Brennertrasse, sondern macht die Rechnung auch ohne den Wirt“, so Dorfmann. „Und dieser Wirt ist die Kapazität der Autobahn, die immer öfter überschritten wird.“
Hätte die Klage der italienischen Regierung Erfolg und würde es zu einer Öffnung der Autobahn ohne Einschränkungen in Tirol kommen, würde dies nur zusätzlichen Verkehr bedeuten – auch auf dem Südtiroler Teil der Brennerautobahn. „Man kann sich vorstellen, was das für die Bevölkerung – allen voran jene des Eisacktals – bedeuten würde, die bereits an der Belastungsgrenze lebt“, so der EU-Parlamentarier. Darüber hinaus könne auch die Autobahn selbst ein zusätzliches Plus an Verkehr nicht mehr schlucken. „Wir brauchen uns nur die Situation der letzten Wochen mit täglichen kilometerlangen Lkw-Staus anschauen um zu wissen, dass dies den Kollaps bedeuten würde“, so Dorfmann.
Er kritisiert, dass diese Tatsache selbst in Südtirol oft nicht gesehen werde – oder gesehen werden wolle: „Ich wundere mich, dass auch bei uns einige immer noch glauben machen wollen, dass eine Totalöffnung der Autobahn im Interesse der Südtiroler Wirtschaft wäre, wenn doch genau das Gegenteil der Fall ist“, so der Europaparlamentarier. „Wenn wir noch mehr Transitverkehr anziehen, steht der Verkehr auf der Autobahn still und einer der Hauptleidtragenden davon ist unsere Wirtschaft, allen voran der Tourismus.“
Von einem Lkw, der von Verona und nach München fahre, habe Südtirol außer der Mauteinnahme nur Lärm und Gestank. Die Brennerautobahn sei allerdings eine existenzielle Verkehrsachse für die heimische Wirtschaft, damit Touristen ins Land kommen und Waren exportiert und importiert werden könnten – aber nur, wenn der Verkehr auch rolle. „Ich würde mir deshalb erwarten, dass unsere Wirtschaft stärker darauf drängt, die Brennerautobahn für uns nutzbar zu machen und nicht nur anderen schrankenlos zur Verfügung zu stellen“, so Dorfmann.
Was es brauche, sei eine einheitliche Verkehrspolitik zwischen München und Verona, die Rücksicht auf die Anliegen der heimischen Bevölkerung und der Wirtschaft in der Region nehme. „Das muss bedeuten, den Alpenraum als Ganzes zu sehen und zu versuchen, den alpenquerenden Verkehr auch auf andere Achsen, etwa durch die Schweiz, zu verlagern“, erklärt der Südtiroler EU-Abgeordnete, „zumindest bis der Brennerbasistunnel seinen Betrieb aufnimmt“.
Der von Infrastrukturminister Matteo Salvini vorangetriebenen Klage vor dem EuGH kann er daher nichts abgewinnen. „Italien hätte genug eigene Hausaufgaben zu erledigen und endlich für die Verlängerung der Autobahnkonzession zu sorgen, die schon seit mehr als zehn Jahren verfallen ist“, so Dorfmann. „Dafür die Voraussetzungen zu schaffen, wäre in jedem Fall sinnvoller, als Nachbarstaaten mit Klagen zu überziehen und alles daran zu setzen, die Autobahn endgültig kollabieren zu lassen – und mit ihr den gesamten Lebens- und Wirtschaftsraum entlang der Trasse.“