Aus für ACTA

Die letzte Plenarsitzungswoche vor der Sommerpause hatte es in sich. Auf der Agenda stand der Bericht zur Vereinheitlichung des Europäischen Eisenbahnraumes, bei welchem ich einen für Südtirol wichtigen Abänderungsantrag eingebracht hatte, das umstrittene Anti-Piraterie-Abkommen ACTA, das schlussendlich abgelehnt wurde und die Einführung des so genannten digitalen Tachographen im Straßenverkehr.
Das Europäische Parlament hat am Dienstag über die Richtlinien zur Schaffung eines einheitlichen gemeinsamen Eisenbahnraums abgestimmt. Ziel dieser Reform über die Liberalisierung des Eisenbahnverkehrs ist es, die Schiene in Europa für alle interessierten Anbieter weiter zu öffnen, den Service zu verbessern und damit das Angebot sowohl für den Personen- als auch für den Gütertransport in Europa zu optimieren.
Ein für Südtirol wichtiges Thema dabei ist der Lärm und das veraltete Rollmaterial der Güter- und Personenzüge, die täglich durchs Land fahren. Vor einigen Wochen sind wir am Brixner Bahnhof haarscharf an einer Katastrophe vorbei geschlittert. Schuld an der Zugentgleisung war nicht etwa menschliches Versagen, nein, eine Achse am Waggon war gebrochen. Das zeigt mit welch veraltetem Rollmaterial hier teilweise gefahren wird. Nun gibt es erstmals einen konkreten Vorschlag, um die lärmgeplagten Menschen entlang der Eisenbahnstrecken zu entlasten, ganz nach dem Motto: Mehr Lärm muss kosten! Nur dann wird man die Bahngesellschaften dazu zwingen können, ihre veralteten Waggons endlich aufzurüsten oder auszutauschen.
Mit großer Spannung erwartet wurde schließlich die Abstimmung des Anti-Piraterieabkommen ACTA. Das Europäische Parlament hat seit dem In-Kraft-Treten des Lissabonner Vertrages das Recht internationale Abkommen abzulehnen oder zuzustimmen. 478 Parlamentarier stimmten gegen ACTA, 39 dafür. 165 Abgeordnete enthielten sich der Stimme, auch ich. Leider wurde bei ACTA der Fehler gemacht, im gleichen Vertrag Regelungen über den Schutz von Marken und geistigem Eigentum im Internet zu vermischen. Die öffentliche Diskussion hat sich dann nur mehr auf den Teil konzentriert, der das Internet betrifft. Netzaktivisten befürchteten, dass mit ACTA die Freiheit im Internet eingeschränkt werden könnte. In der Tat ist der Vertrag in diesem Bereich sehr schwammig formuliert und wir von der Europäischen Volkspartei haben uns dafür ausgesprochen, mit der Ratifizierung des Vertrages zu warten, bis sich der Europäische Gerichtshof dazu geäußert hat. Nun wurde aber der gesamte Vertrag abgelehnt und kann damit nicht in Kraft treten. Für den Markenschutz ist dies ein schwerer Rückschlag. Die europäische Industrie verfügt über viele Marken in Bereichen wie Bekleidung, Maschinen und Geräten oder Ursprungsbezeichnungen bei Lebensmitteln, die weltweit gefälscht werden. ACTA wäre ein erster Schritt gewesen, um dem entgegenzuwirken. Es bleibt zu hoffen, dass es nun gelingt, den Bereich Internetnutzung aus dem Vertrag auszuklammern und diesen dann schnell wieder aufzulegen.
Beschlossen haben wir auch eine Änderung der EU-Verordnung zu den Kontrollgeräten im Straßenverkehr, den so genannten Fahrtenschreibern. Seit dem Jahr 2006 sind digitale Fahrtenschreiber zugelassen, nun müssen alle Fahrzeuge ab 2,8 Tonnen innerhalb 2020 mit einem digitalen Gerät ausgestattet bzw. umgerüstet werden. Damit wird dem Betrug bei analogen Schreibern ein Riegel vorgeschoben und gleiche Ausgangsbedingungen für alle Fahrzeuge in Bezug auf die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten geschaffen. Neu sind zudem die Ausnahmebestimmungen für kurze Fahrten. Ein Handwerker beispielsweise, der im Umkreis von hundert Kilometern seine Tätigkeit ausführt, braucht die Regelungen zu den Lenk- und Ruhezeiten nicht einzuhalten. Die Europäische Kommission wird zudem eine Folgenabschätzung für die Einführung eines Kartensystems, die die Fahrerkarte mit dem Führerschein kombiniert, erstellen.
Herbert Dorfmann
Mitglied des Europäischen Parlaments

Veröffentlicht am 06.07.2012
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